Anja Kreysing

Anja Kreysing ist Klangkünstlerin und Akkordeonistin. Sie studierte Experimentalfilm und Klangkunst an der Kunstakademie Münster bei Lutz Mommartz (Meisterschülerin) und Klangkunst, Improvisation und musikalische Techniken in Seminaren und Workshops u.a. bei Christina Kubisch, Malcolm Goldstein, Johannes Bauer, Mariana Sadovska sowie Deep Listening Practitioner nach Pauline Oliveros am Rensselaer Polytechnic Institute, Troy, New York. Ihre Schwerpunkte sind Live-soundtracks für und Performance, elektroakustische environments sowie improvisierte Musik mit Akkordeon und Elektronik. Musette, Balkan-Gypsie, experimental / noise und (dark)Ambient sind ihre Wurzeln – eine mélange aus folklore imaginaire im Sinne Béla Bartóks und zeitgenössischer (elektronischer) Musik. Neben vielfältigen Kollaborationen im Bereich Musikperformance und improvisierter Musik im In- und Ausland gehören u.a. das deutsch-italienische Ensemble „Abrash“ u.A. mit der Querflötistin Ulrike Lentz und „this honourable fish“ zu ihren Projekten. Gemeinsam mit dem Posaunisten Helmut Buntjer kuratiert sie die Filmkonzertreihe für historische Stummfilmkunst, Videokunst und zeitgenössische Musik „Schwarz-weiss ist die bessere Farbe“. Für ihr künstlerisch-musikalisches Schaffen erhielt Anja Kreysing Preise und Stipendien, darunter das Stipendium für eine Medienkünstlerin, MSWKS des Landes NRW (2002).

5 Fragen an: Anja Kreysing

Dein Festival-Projekt in zwei Sätzen?

1. Sound / Musik für das Stück FRAUEN. BRAND. REDE. NEIN. SCHREI!
2. Audio Performances / Videographie bei den Bergfidelen Interventionen

Was hat dich zu diesem Beitrag inspiriert?

Ich bin zu beiden Projekten als Sound-Performerin eingeladen worden. Es ergab sich beiden Projekten dann immense Weiterentwicklungen – bei den Bergfidelen Interventionen habe ich zusätzlich mit Kurz-Videographien, die ich in einer Ausstellung als Audio/Video-Loop einsetzen werde, angefangen. Für FRAUEN. BRAND. REDE. NEIN. SCHREI! habe ich schon eine Radioversion unseres Stückes produziert und eine immersive 17 Kanal-Klanginstallation für das Große Haus am Theater Münster wie für den H1 ausgearbeitet.

Was bedeutet Demokratie für dich?

Derzeit die einzig er- und verträgliche Möglichkeit, sich gesellschaftlich zu organisieren, die sich bislang als einigermaßen funktionierend erwiesen hat. Wir sehen diesen Prozess, der auch sonst abläuft – mal mehr, mal weniger transparent, man denke nur an Rüstungsexporte – jetzt gerade unter einem Vergrößerungsglas.

Welche Rolle spielt Kunst in einer demokratischen Gesellschaft?

Nicht systemrelevant und auch nicht nötig für das blanke Überleben. Somit eine immens wichtige Bereicherung / Anreicherung für eine freiheitliche Gesellschaft, in der die Menschen nicht einfach nur vegetieren. Kunst kann Fragen aufwerfen und beantworten, die noch gar nicht gestellt worden sind; diffuse Atmosphären und Tendenzen wahrnehmen und visualisieren, wahrnehmbar und erfahrbar machen.

Was macht Corona mit der Demokratie (und unserem Festival)?

Corona hat zumindest bei mir einen enormen Kreativitätsschub ausgelöst – nichts war mehr planbar und gleichzeitig ergaben sich an jeder Ecke neue Formate, die ich ausfüllen konnte. Meine Beiträge zum Festival haben sich durch die Verschiebung noch mal intensiver entwickeln und ausdifferenzieren können.
Bei vielen anderen Kreativschaffenden sieht es leider nicht so rosig wie bei mir aus. Ich hoffe, dass sie von unserer demokratischen Regierung unterstützt und getragen werden und diese Krise überstehen können. Unsere Demokratie befindet sich in einer Zerreißprobe im Spannungsfeld zwischen radikalen „Querfrontlern“ und suboptimaler Kommunikation und Planung der Infektionsschutzmaßnahmen auf Seiten der Regierung. Wie viele andere bin ich deswegen auch deutlich besorgt.